Sonntag, 24. Februar 2008, 11:00 Uhr
Foto-Impressionen
vom 24. Februar 2008
Presseblick: Damit außen auch außen bleibt
Den Kernpunkt der 15. Veranstaltung im Rahmen der Vortrags-
reihe des FORUM DIONYSIANUM am 24.02.2008 um 11 Uhr in
der Aula des Gymnasium Dionysianum wird ein Bericht über
Forschungen aus dem Bereich der Medizin bilden. Professor
Dr. med. Hermann-Josef Rothkötter referiert zum Thema:
'Damit "außen" auch "außen" bleibt - oder: Was läuft
falsch bei der Entstehung von Nahrungsmittelallergien?'
Dieses Thema zeigt, dass Anatomie viel mehr ist als die
makroskopische Besichtigung der Welten des Körpers. Professor
Dr. med. Hermann-Josef Rothkötter, Abiturjahrgang 1978, und
Professor für Anatomie an der Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg, berichtet über sein Forschungsgebiet, die
Immunmorphologie des Verdauungstraktes. Morphologie ist die
Lehre von der Gestalt oder Anordnung der Gewebe des Körpers
– es geht also um den Aufbau der Abwehrsysteme des
Magen-Darm-Traktes.
Zur Thema-Übersicht:
Wie grenzt sich der menschliche Körper eigentlich gegenüber
der Außenwelt ab? An der Körperoberfläche ist es einerseits die
Haut – ungefähr 1,8 Quadratmeter. Aber – im Atemtrakt und im
Verdauungstrakt bestehen weitere, viel größere Grenzflächen,
die wir für die Atmung und die Nahrungsaufnahme benötigen.
Das Darmimmunsystem dient dazu, dass im Darm „außen“ auch
„außen“ bleibt. D. h. der Körper resorbiert
Nahrungsbestandteile
selektiv, gefährliche Antigene und Allergene werden aber unter
normalen Umständen nicht aufgenommen – bleiben also „außen“.
Neben den Nahrungsbestandteilen muss die Darmoberfläche
aber auch viele mikrobielle Antigene abwehren. Gegenüber den
immer im Darm vorhandenen Bakterien, den sogenannten
Kommensalen, deren Gesamtzahl mit 1015 angegeben wird,
entwickelt der Organismus eine Toleranz. Pathogene Bakterien
lösen eine Darmentzündung aus – und es kommt z. B. zu
Durchfallerkrankungen.
Die Grundlagen für die verschiedenen Immunantworten finden
sich in den lymphatischen Geweben der Darmwand – hier wirken
Lymphozyten und dendritische Zellen (auch immunologische
Wächterzellen genannt) gemeinsam damit eine Immunreaktionen
starten kann.
Die Untersuchung der essentiellen Aufgaben des Verdauungs-
traktes werden mit Hilfe der Mikroskopie und der Elektronen-
mikroskopie durchgeführt. Die funktionelle Anatomie bedient
sich aber auch biochemischer und molekularbiologischer
Methoden. Ziel ist es, herauszufinden, was eigentlich
"falsch"
läuft, wenn der Mensch z.B. eine Nahrungsmittelallergie
entwickelt. Außerdem ermöglichen die modernen anatomischen
Methoden in Zusammenarbeit mit der Ernährungswissenschaft
die Untersuchung der Funktion und Bedeutung von
probiotischen Nahrungsmitteln.
Zur Person des Referenten
Die Anatomie wird oft als eine gewissermaßen „alte“
Wissenschaft angesehen. Immer wieder wird über Ausstellungen
von anatomischen Präparaten berichtet – und eine gewisse
Sensationslust ist an der Tagesordnung. Tatsächlich ist die
Anatomie als die Lehre vom Aufbau des Körpers eine der
ältesten Wissenschaften, Medizin ohne Anatomie ist nicht
vorstellbar. Aber – eigentlich sind doch alle Knochen, Muskeln
und Gelenke des menschlichen Körpers bekannt und neue
Organe werden nicht mehr entdeckt. Was tut also ein Anatom?
Zum einen ist er für die Grundlagenausbildung der Studierenden
der Medizin im ersten Teil des Studiums (1. und 2. Studienjahr)
verantwortlich – hier wird die makroskopische (also alles das,
was mit bloßem Auge zu sehen ist) und mikroskopische
Anatomie (dafür benötigt man ein Mikroskop) unterrichtet.
Weiter ist der Anatom Forscher, denn die Universität ist mehr
als nur Unterricht oder Schule: Jeder Dozent und Professor an
der Universität bearbeitet wissenschaftliche Projekte. Heute
sind nicht mehr die Forscher im Elfenbeinturm gefragt, sondern
die Arbeit in nationalen, europäischen und internationalen
Forschungsverbünden ist entscheidend. Die Kombination
verschiedener Disziplinen ist eine Grundvoraussetzung für die
wissenschaftliche Weiterentwicklung.
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