2015•109 - T E X T: Fliegertruppe, im Alter von 27 Jahren seit Juli 1918 über Nordfrankreich abgeschossen und zunächst als vermisst gemeldet wurde. Sicher spiegelte dieser Brief aber die radikal gewendeten Einstellungen an der „Heimatfront“ wider. Nach der gescheiterten deutschen Frühjahrsoffensive 1918, nach jahrelanger Hungersnot, nach den Erfahrungen mit dem massenhaften Kriegstod junger Männer war eine Weiterführung selbst für konservative, kaisertreue Menschen, zu denen Anton Führer zählte, offensichtlich undenkbar geworden. Hermann Rosenstengel machte mit seinem Büchlein ganz andere Erfahrungen, die er seinem Tagebuch am 11.10.1918 anvertraute: „Vor Monaten hatte die Jugend von Vouziers (nordöstlich von Reims in der Champagne) unter meiner Anleitung oben bei dem Wasserwerk Räuber und Gendarm gespielt. Ich konnte damals feststellen, daß meine „Leichten Geländespiele“, die von Teubner, Leipzig, angenommen waren, auch für die Franzosen paßte.“ Ansonsten spiegeln sein Tagebucheinträge die Dramatik der letzten Kriegswochen wider: „1.10.1918 In einer Ferme 10 km östlich von Vouziers-Champagne ...Gestern hieß es auf einmal, wir hätten alle Bedingungen Wilsons angenommen. Daraufhin … besprachen (wir) die Sache, „die traurige Mär, daß Deutschland verloren gegangen, besiegt und geschlagen das tapfere Heer.“ Es war zu traurig, als daß wir die Sache weiter ausdenken mochten … 30.10.1918 Omicourt, 14 km südlich von Sedan. Wir fanden unterwegs .. drei Kameraden, die zusammengesunken waren … und als ich sie fragte, was sie hier im Dunkeln suchten, da sagte der Sprecher: ,Wir suchen den gottverfluchten Kerl, der diesen Krieg angefangen hat.‘ Daraufhin habe ich ihm gesagt: ,Da müßt Ihr aber noch weit zurücklaufen.‘... 3.11.1918 Auf der Straße von Sedan zur Stellung. Die fliehende französische Bevölkerung bot schreckliche Bilder. Ich habe geweint. Die eine Frau erinnerte mich an meine Mutter … 6.11.1918 Es bilden sich Soldatenräte … 11.11.1918 … der Feldwebel kommt mir entgegen und verkündet Waffenstillstand … Helm ab zum Gebet. Jubel allerorts ...“ Epilog Anton Führer hatte drei Söhne durch den Krieg verloren. Nach außen hin ließ ihn dieser in Rheine offenbar einzigartige Verlust scheinbar unbeeindruckt. Ein damals jugendlicher Schüler beschreibt die Gefühle seines Direktors aber so: „Als der erste Sohn … gefallen war, ging der Sprecher der Oberprima zu ihm, um ihm die Anteilnahme der Schüler zu übermitteln. Dr. Führer antwortete dem Sprecher stolz: ,Mein Sohn ist ein Held !‘ Er wollte keine Trauerkundgebung. Als der zweite fiel, nahm Dr. Führer das Beileid stumm entgegen, beim dritten weinte er.“
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